Seereisen gehören zu meinen liebsten Ferienbeschäftigungen. Meine 50%ige holländische Abstammung hat hier Spuren hinterlassen. Immer wenn rundherum nur das Meer, der Horizont und der Himmel sichtbar sind, schweifen meine Gedanken zu Kolumbus.
Wer war Christoph Kolumbus? Worin bestand seine Leistung, die ihm Weltruhm verschaffte? Der italienische Seefahrer in kastilischen Diensten, entdeckte im Jahr 1492 Amerika. Oft wird diese historische Tat mit dem Apolloprojekt, mit der Mondlandung der Raumfahrt, verglichen. Ist dieser Vergleich angebracht? Gewiss gab es Parallelen.
Beide Projekte wurden von bedeutenden Machtpromotoren gefördert. In den USA war es Präsident Kennedy, in Spanien die Katholische Königen Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von Aragon. Beide Projekte wurden zum grossen Teil von der Staatskasse finanziert. Beide Projekte ging eine grosse Planung voraus. Viel technisches Know-how war ein wichtiges Kriterium. Bei Kolumbus war es die Schiffsbautechnologie, brauchbare Seekarten, der Kompass (Sextant und Schiffschronometer waren noch nicht entwickelt). Das Apolloprojekt gab dem Maschinenbau und der Computertechnik einen enormen Innovationsschub. Beide Projekte waren in der Realisierungsphase von grossen Behinderungen begleitet. Nicht zu unterschätzen war auch noch der Wettlauf der Staaten. Russland und die USA im letzten Jahrhundert, Spanien und Portugal im 15. Jahrhundert. Jeder versuchte dem andern den Rang abzulaufen. Beiden Projekte wohnten ein hoher Prestigestatus inne.
Es gab aber auch umfangreiche Unterschiede. Bei Apollo war das Reiseziel klar: der Mond. Der Weg dorthin war durch die Kenntnisse der Himmelsmechanik gegeben. Das Ziel von Kolumbus war ebenso klar: Er wollte einen neuen kurzen Weg zu den wertvollen Gütern wie Seide und Gewürzen, in Indien und dem Kaiserreich China finden. Dieser Weg war völlig unbekannt. Es war eine Reise ins Ungewisse. Die eigentliche Reise zur Mondlandung dauerte 5 Tage mit drei Astronauten. Kolumbus benötigte für seine erste Reise drei Schiffe, etwa 90 Personen Belegschaft und es dauerte knapp 70 Tage. Viele Besatzungsmitglieder und sogar ein paar Offiziere glaubten nicht an die Kugelgestalt der Erde. Sie empfanden unseren Planeten als eine Scheibe auf der die Expedition unterwegs war über den Rand hinaus zu fahren und im Nichts zu verschwinden.
Hier setzt für mich die echte wahrhaftige Leistung von Kolumbus ein. Nicht nur brauchte es eine Vision, einen grossen Mut und ein unbeugsamer Durchhaltewille. Das wirkliche Problem, welches zu meistern war, ist die Menschenführung!
Kolumbus stach am 3. August 1492 mit seinem Flagschiff, der Santa Maria sowie den beiden Karavellen Nina und Pinta in See. Bereits 6 Tage später, am 9. August musste die Überfahrt unterbrochen werden. Ein Bruch des Steuerruders auf der Pinta und eine Verbesserung des Großsegels des zuvor langsamsten der drei Schiffe, der Nina, erzwang einen einmonatigen Aufenthalt auf der Kanareninsel La Gomera. Kolumbus vermutet Sabotage auf der Pinta. Die Mannschaft und die Offiziere hatten Angst nie mehr nach Spanien zurückzukommen und wollten den Abbruch der Fahrt erzwingen. Kolumbus liess sich nicht von seinem Entschluss abbringen. Er wollte nach Indien. Er setzte sich durch: Die Pannen wurden behoben. Beinahe einen Monat später, am 6. September verlies der Konvoi den Hafen von La Gomera und ging unter Segel. Die eigentliche Überfahrt konnte beginnen.
Der 13. September scheint besonders kritisch gewesen zu sein, als die Kompassnadel immer mehr von Norden abwich. Da der Wissenschaft zur damaligen Zeit der Magnetismus der beiden Erdpole und die Deklination nicht bekannt waren, hielt die Mannschaft das Abweichen der Nadel für einen Beleg, dass man in ein Gebiet vordringe, in dem die Grundgesetze der Natur nicht mehr gälten. Dass selbst der Kompass nicht mehr helfen konnte, sich genau zu orientieren, versetzte die Seeleute in Unruhe. Nach einigen Tagen drehte der Wind. Den Gefährten des Kolumbus wurde der Wunsch nach Rückkehr in die Heimat immer stärker. Des Weiteren glaubte der Kommandant der Pinta, Land zu sehen, dies war aber wiederum ein Irrtum; es war nur eine tief hängende Wolkenbank. Die Mannschaften wurden immer aufgewühlter. Christoph Kolumbus nahm am 7. Oktober eine vorgesehene Kursänderung nach Südwesten vor. Dies stellte sich als eine glückliche Entscheidung heraus. Ein sehr kritischer Tag, an dem die Meuterei der Besatzung kaum noch von Kolumbus zu verhindern war, war der 10. Oktober. Es war schon über ein Monat seit der Abfahrt von den Kanaren verstrichen und keiner der Anwesenden hatte je eine längere Seereise hinter sich gebracht, bei der ununterbrochen kein Land zu sehen war. Kolumbus munterte die Mannschaften auf und versuchte, die Seefahrer von den Vorteilen zu überzeugen, die sie auf dem Land erwarten würden. Außerdem seien Klagen nutzlos, weil es nun mal beschlossen war, nach Indien zu gelangen, um einen kürzeren Handelsweg zu finden. Kolumbus rief seine massgebenden Begleiter zusammen, um noch eine letzte Frist von drei Tagen herauszuholen, was ihm auch gelang.
Am 11. Oktober kam schwere See auf, als Blütenzweige und ein bearbeiteter Stab an den Schiffen vorbeischwemmte. Des Weiteren sahen die Mannschaften schon Schilfrohr. Das Verlangen umzukehren wich erwartungsvoller Spannung und Freude auf das Land. Kolumbus hielt eine Rede und befahl seinen Leuten, die Nachtwachen ernst zu nehmen. Er versprach demjenigen, der zuerst Land sehen würde, eine besondere Prämie. Um zwei Uhr am Morgen des 12. Oktobers 1492 sichtete ein Matrose vor dem Bug der Pinta Land. Eine Kanone wurde abgefeuert, um alle Seeleute aufzuwecken und ihnen die frohe Botschaft zu überbringen. Das gesichtete Land gehörte zur Gruppe der Bahamas. Möglicherweise war es die heutige Insel San Salvador.
Kolumbus glaubte Indien erreicht zu haben. Heute wissen wir, dass er vor Amerika lag. Was immer noch von Bedeutung ist: Er hatte eine Reise ins Ungewisse erfolgreich hinter sich gebracht. Dies trotz Sabotage auf der Pinta, trotz einer sehr langen Reise ohne Landkontakt, trotz zweifelnden Offiziere, trotz schlechte Stimmung bei der Mannschaft. Sogar eine aufkommende Meuterei konnte er abwenden. Nichts hat ihn davon abgehalten seine Idee zu realisieren. Wahrlich für eine erfolgreiche Seereise ins Ungewisse braucht es einen Menschenführer! Wahrscheinlich hat es während der kurzen Reise in der Apollokapsel auch Beschwernisse gegeben. Führungsprobleme hingegen wohl nicht.
So gesehen waren beide Projekte, Kolumbus und Apollo, Sternstunden der Menschheit. Interessant genug, um sie miteinander als einmalig in die Geschichte eingehen zu lassen.
Christoph Kolumbus wird nach seiner Rückkehr aus Amerika während eines Essens bei Kardinal Mendoza im Jahr 1493 vorgehalten, es sei ein Leichtes gewesen, die „Neue Welt“ zu entdecken, es hätte dies schließlich auch jeder andere vollführen können. Daraufhin verlangt Kolumbus von den anwesenden Personen, ein gekochtes Ei auf der Spitze aufzustellen. Es werden viele Versuche unternommen, aber niemand schafft es, diese Aufgabe zu erfüllen. Man ist schließlich davon überzeugt, dass es sich hierbei um eine unlösbare Aufgabe handelt, und Kolumbus wird darum gebeten, es selbst zu versuchen. Dieser schlägt sein Ei mit der Spitze auf den Tisch, sodass diese leicht eingedrückt wird und das Ei stehen bleibt. Als die Anwesenden protestieren, dass sie das auch gekonnt hätten, antwortete Kolumbus: „Der Unterschied ist, meine Herren, dass Sie es hätten, tun können, ich hingegen habe es getan!“
Diese Anekdote fasst das, was mich an der Leistung des Seefahrers so deutlich macht zusammen: Ein Mann der Tat, der Menschen auf ein Ziel hinführen kann.
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