Bestimmt denken Sie jetzt, liebe Leserin, an ein hässliches Männchen aus Kunststoff, welches Ihnen mit einer blecherner Stimme «Guten Tag» sagt und Ihnen eine Tasse Tee ans Bett bringt. Wenn es Ihnen, lieber Leser, ähnlich geht in Angesicht eines solchen mechanischen Heinzelmännchens, so ist dies kein Wunder, völlig normal, völlig natürlich.
Roboter sind vor circa hundert Jahren in der Literatur entstanden. Karel Capek, ein tschechischer Schriftsteller, liess in einem Theaterstück einen Maschinenmensch auftreten und nannte ihn Roboter. Von hier an startete der Robi, wie man ihn oft liebevoll nennt, seinen Siegeszug durch Film und Bücher.
Robi wurde zum Beispiel für die Wechselwirkung zwischen der Fiktion und dem realen Fortschritt der Technik. Die Ingenieure liessen nicht auf sich warten und packten die Sache prosaisch wissenschaftlich an. So kommt es, dass heute die Fertigung eines Automobils ohne den Einsatz von Industrierobotern nicht mehr denkbar ist.
Die Entwicklung dieser selbstständig agierenden Geräten wurde von allen Industrienationen mit Hochdruck vorangetrieben. Auch in Japan. Dort gibt es ein Hotel wo der Gast an der Rezeption von einem Robi empfangen wird. Das Gepäck wird mit Handhabungsautomaten ins Zimmer spediert. Der Lift funktioniert nur, wenn man im Besitz eines elektronischen Zimmerschlüssels ist. Weit und breit keine menschliche Seele. Gewöhnungsbedürftig, diese neue Welt.
Vor die Erfindung des Roboters durch den Schriftstellers Capek verwendete man den Begriff des Automaten. Die Menschheit hat sich schon immer damit beschäftigt, sich von der Mühsal der körperlichen Arbeit zu erlösen. Automaten zu bauen.
In der Antike entwickelte der griechische Mathematiker und Ingenieur Heron von Alexandria, Mechanicus genannt, eine Vorrichtung bei dem sich die Tempeltüren, wie von Geisterhand öffneten, wenn auf dem Altar ein Feuer entzündet wurde.
In der Renaissance hat der berühmte italienische Maler, Bildhauer, Architekt, Ingenieur und Naturphilosoph, Leonardo da Vinci (1452 – 1519) einen lebensgrossen Roboter gebaut, der seine Arme bewegen, sich aufsetzen und seinen Kopf drehen konnte.
Wirklich zur Blüte kam der Bau von Automaten im 18. Jahrhundert. Ende der 1765er Jahre hatte Wolfgang von Kempelen einen „Schachtürken“ gebaut. Mit diesem automatischen Schachspieler bereiste er Europa und die USA. Er forderte dabei grosse Schachspieler heraus, eine Partie mit dem Automaten zu spielen. Es war kein uhrwerkbetriebener Schachspieler, es war eine Betrügerei, ein grosser Bluff. Wie die Maschine als Schwindel entdeckt wurde, werde ich in einer späteren Kolumne einmal erzählen.
Mit der Zeit wurden die Automaten immer komplexer. Die Uhrmacher jener Zeit entwickelte Puppen welche schreiben, geige- oder trompetespielen konnten. Diese Automaten waren die Vorläufer der Computer. Die Maschinen verfügten über ein Programm und einen Speicher und konnten programmiert werden. Schöne Exempel davon sind uns noch erhalten und im Spieldosen- und Automatenmuseum in St. Croix, Kanton Neuchâtel, Schweiz, zu besichtigen.
Alle diese Erfindungen hatten keinen direkten ökonomischen Wert. Sie förderten den Erfindergeist, riefen Erstaunen hervor, sorgten für Verblüffung. Ein Mehrwert hinsichtlich Produktivitätssteigerung und Kosteneinsparung war nicht von Bedeutung.
Das änderte sich schlagartig mit der Entdeckung der Elektrizität und der Erfindung der Dampfmaschine. Die zunehmende Möglichkeit der Automatisierung von Arbeitsabläufen erlaubte immer mehr Menschen sich von der körperlichen Alltagslast zu befreien. Wahrlich sichtbar ist das im Bereich des Haushalts. In der Küche wurde der Holzherd durch den Gasherd und dann durch den Elektroherd abgelöst, bis der Mikrowelleherd vieles übernahm. Staubsauger, Nähmaschine, Waschautomat, Wäschetrockner, Geschirrspüler, Kühlschrank schafften Voraussetzungen die Hausarbeit einfacher, besser und schneller zu erledigen.
Für weitere Annehmlichkeiten sorgten die elektrische Glühbirne, das Telefon, das Radio, der Fernseher, das Handy, der Skype, der PC und das Internet.
In der Bürowelt ist eine ähnliche Entwicklungskette zu beobachten: Morsealphabet – Fernsprecher – Schreibmaschine – Schreibautomat mit Kugelkopf – Diktiergerät – Textverarbeitung – PC – Fax – Fotokopierer – Lochkarten – Grosscomputer – Füllfeder – Kugelschreiber – Filzstift – Marker in allen Farben – Taschenrechner.
Wo steht nun der Roboter in diesem Meer von Erfindungen und Automatisierungen? Warum konzentriert sich die Wissenschaft so intensiv auf den Bau von Robotern? Der Roboter ist eine technische Apparatur. Sie dient dazu, Menschen mechanische Arbeit abzunehmen. Die Mutation des Automaten zum Roboter war nur dank der schnellen Entwicklung der Informationstechnik möglich. Die Steuerung eines Robis setzt Informationsverarbeitung voraus. Es müssen Signale aus Sensoren verarbeitet werden können, um Tätigkeiten und Abläufe auszuführen. Dazu muss der Techniker durch Programmierung ein gesteuertes Zusammenarbeiten der Roboterelektronik und Robotermechanik herstellen. Es geht um die Verheiratung von Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik. Ein komplexes und faszinierendes Forschungsgebiet, welches eine völlig neue Ära der Ingenieurkunst einläutet.
Der Roboter ist der Geburtshelfer dieser neuen Welt.
Ein Fall ist die Entwicklung des elektrisch betriebenen Autos von Tesla Motors. Bei Tesla gibt es heute schon Modelle, bei denen eine Autofahrt auf der Autobahn bei 120 km/h abläuft, ohne das der Chauffeur Lenkrad und Pedale bedienen muss. Noch ist das Auto kein richtiger, selbstständiger Roboter. Zukunftsweisend für den Strassenverkehr ist es aber schon. Auf dem Campus der ETH-Lausanne kurven bereits autonom fahrende Autos. Die Mobilität der Zukunft kann heute in der Hauptstadt des Kantons Wallis, in Sion, besichtigt und erlebt werden. Postauto Schweiz hat dort die gelbe Bergziege zum selbstständig fahrenden, ohne Anwesenheit eines Chauffeurs, elektrisch betriebenen Shuttle-Bus gemacht.
Unser Alltag wird sich in nicht all zu ferner Zukunft immer mehr mit Robotern bevölkern. Dabei sehe ich nicht eine Armee von mechanischen künstlichen Menschen, automatisierte Männchen, welche uns, wie gut erzogene Butler, bedienen werden. Roboter, die aussehen wie Menschen, humanoide Roboter, sind für die Wissenschaft und für die Forschung interessant. Für die Verrichtungen des täglichen Lebens werden sie kaum einen Markt, eine richtige Verwendung, finden. Die Roboter des täglichen Gebrauchs werden weit weniger romantisch aussehen. Seit Jahren sind Staubsauger und Rasenmäher als Roboter im Einsatz. Diese sind sehr funktionell gebaut. Sie entsprechen der Definition des Roboters: Sie sind mobil, computergesteuert und übernehmen völlig selbstständig menschliche Arbeit.
Auf vielen Gebieten werden Roboter Anwendung finden. So lassen sich Medizinroboter, Erkundungsroboter, Serviceroboter, Transportroboter und Spielzeugroboter vorstellen. Eine völlig neue Industrie wird unser Leben wesentlich beeinflussen und bereichern. Keine Angst, es bleiben Maschinen. Selbstständig denkende und autonom handelnde Roboter gibt es nur im Kino!
Views: 63