Babel

Eine Geschichte, die mir aus dem Religionsunterricht in Erinnerung geblieben ist, ist der Turmbau von Babel.
Ein junger Pater, ein guter Geschichtenerzähler, schilderte uns in allen Farben das biblische Volk, das nur eine Sprache kannte. Es ging dem Volksstamm gut. Es ging ihnen so gut, dass es ihnen zu Kopfe stieg. Sie beschlossen einen Turm zu bauen, der bis in den Himmel reichte. Damit wollten sie werden wie der Schöpfer selbst. Das konnte dieser nicht zulassen. Nicht billigen. Dann geschah das Besondere. Eines Morgens sprach jeder eine andere Sprache. Die Verständigung unter ihnen war nicht mehr möglich. Der Bau überlebte als Ruine. Die Sprachverwirrung war geschaffen.
Noch heute imponiert mir der Gedanke einer einheitlichen Weltsprache. Und nicht nur mir. Eine einzige Sprache, die alle verstehen, wäre etwas Praktisches. Bei längerem, ernsthaften Nachdenken ist auch mir klar: das ist eine Illusion. Das ist eine falsche Wahrnehmung der Wirklichkeit.
Eine Sprache ist nicht nur ein Mittel der Kommunikation. Sie ist viel mehr. Sie ist eine Trägerin der Kultur und der Traditionen einer Gemeinschaft. Sie ist die Hütterin ihrer Geschichte und ihrer Erfahrungen. Da sich die verschiedenen Menschengruppen unterschiedlich entwickelt haben, gibt es auch verschiedene Sprachen. Die Sprache ist ein Schatz, der gehütet und gepflegt werden muss.
Und doch. Im Mittelalter gab es eine Einheitsprache. Die Sprache jener Elite die Schreiben und Lesen konnte: Das Latein! Sie war die Sprache des Römischen Reiches gewesen und hat sich über die Jahrhunderte zur Sprache der Akademiker gewandelt. Ausserdem blieb sie die Umgangssprache der katholischen Kirche.
Ein Abt aus Finnland, ein Bischof aus Portugal und ein Pfarrer aus Paris konnten sich mühelos miteinander verständigen. Heute wird Latein nicht mehr gesprochen. Sie wird höchstens noch für schriftliche Publikationen, Enzykliken, aus dem Vatikan verwendet. Eine tote Sprache heute. Zwischen Oslo und Athen, Moskau und Luxemburg wurde bis vor wenigen Jahren immer noch Latein gelehrt. Die Grammatik ist eben genial und vorbildlich für viele Sprachen. Aber auch zu kompliziert für einen Dialog, wie wir ihn heute pflegen. Das Französisch entwickelte sich als Zweitsprache. Neben der Muttersprache wurde sie das internationale Verständigungsmittel. Besonders in der diplomatischen Szene. Heute hat Englisch das Französisch abgelöst.
Seit Menschen denken und sprechen können geistert in ihrem Hirn die Sehnsucht nach einer Einheitssprache immer wieder herum. Für die Europäische Union, zum Beispiel, wäre ein »Europäisch« hoch willkommen. So wollte es der Zufall, dass ich in der Bibliothek der Museumsgesellschaft folgenden Text fand.

» Li ver lingue international esiste. Save vu que it es possibel scrir in un lingue mediatmen comprensibil por persones culivat de omni nationes? Ti lingue presc miracolosi es nominat: Occidental.« 

Da in der Museumsgesellschaft immer schon kultivierte und gebildete Personen aller Nationalitäten verkehren, wundert es nicht, dass ich dort das Wörterbuch «Occidental – Deutsch» fand. Verfasst wurde es von Alphonse Matejka, seines zeichens «un famos occidentalist suisso de tchek origine». Bei Durchsicht des kleinen Zitats von oben, fielen mir sofort zwei Sachen auf. Erstens: es handelt sich um eine synthetische Sprache. So trocken und phantasielos spricht kein Mensch. Das Zweite überraschte mich doch sehr. Ich verstand den Inhalt des Textes sofort. Damit war meine Neugierde geweckt. Warum wurde diese Kunstsprache, Occidental, entwickelt?
Mit der Zunahme der internationalen Beziehungen im 19. Jahrhundert verstärkte sich das Problem der internationalen Verständigung. Mit Welthilfs- oder Plansprachen sollte diesem Übel Abhilfe geschaffen werden. Zentral warenleichte Erlernbarkeit,

  • hohes aktives und passives Sprachvermögen,
  • Internationalität und
  • Neutralität.

Es sollte niemand als Muttersprachler im Vorteil sein. Ihre Blütezeit hatte Occidental in den Zwanziger und Dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts. Sie fand rasch Anhänger und etablierte sich als Alternative zu Esperanto.
Obwohl praktisch, fand keine der Plansprachen den erwünschten weltweiten Erfolg. Ganz wenige Leute sprechen heute noch Esperanto, die wohl bekannteste aller Hilfssprachen. Warum wohl?
Eine Sprache muss gesprochen werden, täglich. Wenn nicht, stirbt sie aus. Wie Latein oder Gotisch oder Langobardisch. Diese Sprachen sind höchstens noch historisch von Bedeutung.
Also müssen wir, wollen wir uns international zurechtfinden, Fremdsprachen lernen. Wie wird sich wohl der Gedanke zur Einheitssprache im Zeitalter der Digitalisierung und der Algorithmen entwickeln? Elektronische Wörterbücher und Übersetzungssoftware stehen bereits zur Verfügung. Eine trägt den Namen Babel.
Da sind wir wieder bei Babel. Heute ist der Begriff «Babel» für Übersetzungssoftware, ein Markenname geworden. Ich könnte mir vorstellen, dass in nicht all zu langer Zeit, folgende Szene Wirklichkeit wird:
Da sitzen ein Japaner und ein Holländer zusammen am Tisch. Sie trinken Tee und sprechen und verstehen sich, obschon der eine japanisch und der andere holländisch spricht. Jeder hat sein Smartphon eingeschaltet. Dort geht holländisch hinein und kommt japanisch beim anderen heraus. Alles geht zeitverzugslos, fehlerfrei und kabellos hin und her. Jeder hört das Gesagte in seiner Muttersprache. Eine Plauderei mit elektronischem Dolmetscher. Keine Einheitsprache zwar, aber Einheitsverständigung dank künstlicher Intelligenz.
Hätte es so etwas in biblischen Zeiten schon gegeben. So wäre der Turm von Babel vollendet worden. Wir hätten keine Sprachverwirrung und die Christenheit wäre um eine schöne Legende ärmer.

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Babel

S’il est une histoire que les leçons de catéchisme ont laissé dans ma mémoire, c’est bien la légende de la tour de Babel.
Un jeune prêtre, excellent conteur, nous décrivait avec verve le peuple biblique qui ne connaissait qu’une seule langue. La tribu allait bien. A tel point que ce bien-être finissait par leur monter à la tête. Ils ont décidé de construire une tour qui monterait jusque dans le ciel. Ils voulaient devenir l’égal du créateur. Ce que ce dernier ne pouvait pas admettre. Ne pas approuver. Il se produisait alors un évènement inattendu. Un beau matin, chacun parlait une langue différente de celles des autres. Ils ne pouvaient plus se comprendre. La construction survécut comme ruine. La confusion des langues était arrivée.
L’idée d’une langue unique mondiale me séduit encore aujourd’hui. Et pas que moi. Une seule langue que tout le monde comprend serait vraiment pratique. Après mûre réflexion, moi aussi je me rends compte: il s’agit là d’une illusion. D’une une perception fausse de la réalité.
Une langue n’est pas seulement un moyen de communication. Elle est bien plus que ça. Un support de la culture et des traditions d’une communauté. La gardienne de son histoire et son expérience. Les groupes humains divers ayant évolués différemment, leurs langues sont également différentes. La langue est un trésor qui doit être gardé et soigné.
Et pourtant… Il existait au moyen âge une langue commune. La langue de l’élite qui savait lire et écrire. Le latin! Initialement la langue de l’empire romain, elle devint au cours des centenaires la langue des universitaires. En outre, elle est restée la langue courante de l’église catholique. Un abbé de Finlande, un évêque du Portugal et un prêtre de Paris pouvaient communiquer couramment.
De nos jours le latin ne se parle plus. Il n’est plus guère utilisé que pour des publications du Vatican, les encycliques. Aujourd’hui une langue morte. Entre Oslo et Athènes, Moscou et Luxembourg on enseignait encore le latin jusqu’à il y a quelques années. Le fait est que sa grammaire est géniale et la base de nombreuses langues. Mais également trop compliquée pour les dialogues que nous pratiquons actuellement. Le français est devenu la langue secondaire. A côté de la langue maternelle de chacun, elle devint le moyen de communication international. Surtout dans le milieu diplomatique. Aujourd’hui, l’anglais a remplacé de français.
Depuis que les humains pensent et parlent, l’envie d’un langage unique ne cesse pas de trotter dans leur tête. Pour l’Union européenne par exemple, un „européen“ serait le bienvenu. Par hasard je suis tombé sur un texte à la bibliothèque de la Museumsgesellschaft.

» Li ver lingue international esiste. Save vu que it es possibel scrir in un lingue mediatmen comprensibil por persones culivat de omni nationes? Ti lingue presc miracolosi es nominat: Occidental.«

Sachant que la Museumsgesellschaft est fréquentée depuis toujours par des visiteurs érudits et cultivés de tous pays, il n’est pas étonnant que j’y ai trouvé le dictionnaire „Occidental – Allemand“. Il fut édité par Alphonse Matejka, de son état „un famos occidentalist suisso de tchek origine“.
En examinant la citation ci-dessus, deux points m’ont frappé immédiatement. Premièrement, qu’il s’agit manifestement d’une langue synthétique. Personne ne parle de façon aussi sèche et sans aucune imagination. Le deuxième point m’a beaucoup surpris: j’ai compris le contenu du texte tout de suite. Ma curiosité fut réveillée. Pour quelle raison cette langue artificielle, l’occidental, a-t-elle été inventée?
Avec le développement des relations internationales au 19ème siècle, le problème de la communication s’est amplifié. On comptait sur des langues artificielles et intralinguistiques pour le résoudre. Les caractéristiques recherchées étaient
–         facilité de l’apprendre
–         grande aptitude linguistique active et passive
–         internationalité
–         neutralité.
Personne ne devait être avantagé par sa langue maternelle. L’âge d’or de l’occidental se situe dans les années vingt et trente du siècle passé. Il trouvait rapidement des partisans et s’établit en alternative de l’esperanto.
Quoique bien pratiques, aucune des langues inventées n’obtint le succès mondial espéré. Très peu de gens ne parlent encore esperanto, la plus connue des langues construites. Pourquoi cela?
Une langue doit être parlée quotidiennement. Si non, elle s’éteint. Comme le latin, le gotique ou le lombard. Ces langues n’ont plus qu’une signification historique.
Nous sommes donc obligés d’apprendre des langues étrangères si nous voulons communiquer au niveau international. Comment l’idée de la langue unique va-t-elle évoluer dans notre époque de la numérisation et des algorithmes? Des dictionnaires électroniques et des logiciels de traduction existent d’ores et déjà. Dont un qui porte le nom de Babel.
Nous voilà de retour à Babel. Aujourd’hui „Babel“ est devenu le nom de marque d’un logiciel de traduction. Je pourrais m’imaginer que la situation suivante se réalisera dans un avenir proche:
Voici un japonais et un hollandais assis tranquillement devant leurs tasses de thé. Ils se parlent et se comprennent alors que l’un s’exprime en japonais et l’autre en hollandais. Tous les deux ont mis en marche leurs Smartphones. Ce dernier reçoit en hollandais et émet chez son interlocuteur en japonais. Le tout sans retard, sans faute et sans câbles. Chacun entend dans sa langue propre ce que dit son partenaire. Une conversation par l’intermédiaire d’un traducteur électronique. Bien que ce ne soit pas une langue unique, c’est quand même un entretien en commun grâce à une intelligence artificielle.
Si un tel dispositif eut existé aux temps bibliques, la tour de Babel eut été achevée. Nous n’aurions pas de confusion des langues et la chrétienté aurait une belle légende en moins.

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