Wie kommt einer dazu im tiefsten Winter etwas über die Sommerzeit zu schreiben? Gerade jetzt wo die Tage so kurz und die Abende so dunkel sind, möchte ich schon jetzt einen Blick in die Zukunft, in den Sommer werfen.
Am letzten Samstag im Oktober war es so weit. Die Uhren mussten auf die Winterzeit umgestellt werden. Wie geht das schon? Eine Stunde voraus? Eine Stunde zurück? Jedes Mal muss ich mir diese Frage stellen. Mein Unwissen wurde schliesslich durch eine sehr aussagefähige Grafik in unsere Tageszeitung «Zürcher Oberländer» entfernt. Ab heute ist dieses Problem gelöst. Ich weiss für immer wann es eine Stunde mehr oder eine Stunde weniger braucht. Mit einer guten Eselsbrücke half mir ein Freund aus Luzern. Sein Merksatz heisst FF / HH [Frühling fürschi / Herbst hinterschi.].
So ein Haushalt hat einfach zu viele Uhren! Eine Stunde zurück für den Backofen und für den Wecker. Achtgeben bei der Pendüle. Da kann ich nicht einfach eine Stunde zurückdrehen. Ich komme nicht umhin dreiundzwanzig Stunden nach vorn zu schrauben. Sonst fällt das Schlagwerk aus dem Takt. Beim Fernseher ist kein Eingriff nötig. Das macht die Funkuhr aus Frankfurt automatisch. Habe ich noch weitere Funkuhren? Beim PC sicher. Aber bei der Gartenbeleuchtung? Läuft diese Schaltuhr per Funk? Die Heizung nicht vergessen.
Herrschaft, ist das kompliziert!
Nach einer Stunde ist es so weit. Alle Uhren sind zurückgestellt. Stimmt nicht. Die Beleuchtung des Aquariums habe ich vergessen. Die Uhr im Auto kommt morgen dran. Das nimmt kein Ende!. Da liegen noch zwei mechanische Armbanduhren in der Schublade. Uhren umschalten ist ganz schön stressig. Jetzt brauche ich einen Whisky. Das alles geschah an jenem Samstagabend. In der Nacht zum Sonntag wurden auch noch die Uhren an den Kirchtürmen und in den Bahnhöfen umgestellt.
Es ist wieder Winterzeit.
Während des Zweiten Weltkriegs, so erinnere ich mich, wurde schon einmal die Sommerzeit eingeführt. Das, mit dem Argument, elektrischen Strom zu sparen. Wenn die Abende länger hell bleiben, wird weniger Strom konsumiert. Das Tageslicht würde so besser genutzt. Nach dem Krieg wurde die Uhrumstellung wieder eingestellt. 1973, in der Ölkrise stiegen die Energiepreise drastisch an. Energiesparen war angesagt und damit die Sommerzeit wieder eingeführt. Allerdings sehr zögerlich. Zuerst war Frankreich allein, quasi als Pionier. Ab 1980 war es dann so weit, dass die meisten europäischen Staaten sich für die Einführung Sommerzeit/Winterzeit entschlossen. Immer mit der Begründung Energie zu sparen. So blieb es bis heute.
Die Schweiz hatte sich erst 1981 entschlossen mit Europa mitzumachen. Im Jahr davor 1980, war sie eine Zeitinsel. Als einziges Land hatten die Bauern durchgesetzt, keine Sommerzeit einzuführen. Das hatte chaotische Folgen. Man denke nur an die grenzüberschreitenden Fahrpläne der Eisenbahnen. Inzwischen hat sich die Situation entspannt. Alle haben sich daran gewöhnt und stellen zweimal im Jahr ihre Uhren um.
Und doch, so zufrieden sind die Bürger mit diesem Zeitregiment nicht. Es mehren sich die Diskussionen darüber, wie sinnvoll der zweimal jährliche Wechsel unseres Tagesrhythmus wohl ist. Langsam entsteht etwas Widerstand. Die Zeitumstellung sollte abgeschaft werden. Neues Problem: welche Zeit soll als Dauerzeit gelten? Natürlich gibt es darüber geteilte Ansichten. Einige halten eine permanente Standardzeit,heute allgemein als Winterzeit bekannt, für sinnvoll, andere plädieren für eine dauerhafte Sommerzeit.
Die Sommerzeit wird immer beliebter. Lange Abende, späte Sonnenuntergänge, sorgen für einen ausgedehnten Feierabend. Sonnenschein bis 22:30 Uhr. Viele fragen sich heute, besonders da die erwartete Energieeinsparung kaum Wirkung zeigte, warum sollten wir nicht das ganze Jahr Sommerzeit haben.
Damit waren die Positionen bezogen. Zwei Lager stehen sich gegenüber. Die einen für, die andern gegen die Sommerzeit. So oder so, die Zeitumstellung muss abgeschafft werden. Darin sind sich Befürworter und Gegner einig.
Welche Variante aber, ist die bessere? Ständige Sommerzeit oder dauerhafte Winterzeit? Das Licht am Morgen, als Taktgeber für die innere Uhr ist besonders wichtig. Das spricht für die Winterzeit. Zudem ist die Winterzeit die Standardzeit und entspricht am besten dem natürlichen Tag-Nacht-Wechsel im Jahresverlauf.
Jeder der berufstätig ist und nicht gerade um 16 Uhr Feierabend hat, ist jedoch froh wenn er wenigstens nach der Arbeit noch eine Weile Tageslicht geniessen und etwas unternehmen kann! Was nützt es einem denn, dass es morgens um 4 Uhr schon hell wird, wenn die Arbeit erst um acht Uhr dreissig beginnt? Oft bringen die Gegner das Argument der körperlichen Belastung durch die Zeitumstellung ins Spiel. Allerlei Wehwehchen werden ins Feld geführt. Kopfweh, Konzentratiosschwäche oder Schlaflosigkeit. Die selben Personen und zigtausende dazu, nehmen den Jetlag und die Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus klaglos in Kauf, wenn sie in die Ferien fliegen und spielend vier Zeitzonen hinter sich lassen. Die zweimal im Jahr lediglich eine Stunde ist – wenn man sich vernünftig drauf einstellt – eine Lappalie und wiegt als Pseudo-Negativargument keineswegs die Vorteile für das Heer der tagsüber arbeitenden Menschen auf!
Ich bin auch für Beibehaltung der Sommerzeit während des ganzen Jahres.
Die Sommerzeit erhöht die Lebensqualität mit mehr Freizeit in der frischen Luft. Die Arbeit macht mehr Spass, wenn man abends noch Zeit im Freien verbringen kann. Im Winter könnten dann alle eine Stunde mehr Helligkeit am Nachmittag sehr gut gebrauchen!
Es wäre in der Schweiz nicht normal, würde da nicht heftig debattiert und kritisiert. Die Sommerzeit steht dabei mehr in der Kritik als die Winterzeit. Das empfinde ich mehr als ein Palaver in der Presse und ein Geplauder unter Politikern. Brauchbare Gegenargumente sehe ich keine.
Allen diesen guten Gefühlen zum Trotz, es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich etwas ändern wird. Man bedenke: alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums und viele andere assoziierten Staaten wie Andorra, Vatikanstaat oder die Schweiz haben sich der Sommerzeit verschrieben. Eine Änderung des bestehenden Systems bedingte eine einstimmige Übereinstimmung aller Beteiligten. Es bräuchte einen enormen politischen Druck, um diese Einstimmigkeit zu erreichen. Davon ist nichts zu spüren. Mehr als ein Bisschen jammern auf hohem Niveau liegt nicht in der Luft. Somit kommt der Gegenstand auch nicht auf die politische Agenda. Also werden wir weiterhin, wie 1980 beschlossen, Sommerzeit und Winterzeit haben. Leider!
Wem das nicht gefällt hat genau zwei Möglichkeiten. Entweder er passt seinen Lebensrhythmus an Länder an, die noch weiter westlich in der Zeitzone leben, zum Beispiel Portugal. Dort wird frühestens um 21 Uhr zu Abend gegessen. Über Tag gibt es eine Siesta und die Arbeit beginnt dort morgens später als bei uns. Oder er simuliert sich passendere Sonnenauf- und -untergänge selbst, setzt sich morgens am Arbeitsplatz vor eine Lichttherapielampe und läuft abends mit Sonnenbrille herum.
Der Blick in die Zukunft, mitten im Winter hat sich gelohnt, auch wenn sich nichts ändern wird. So werden wir alle in vier Monaten die Uhren wiederum umstellen. Sommerzeit.
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SORRY SORRY
Da wir keine so guten Schreiberlinge sind bleibt der Kommentar aus. Was absolut nicht heisst, dass wir die guten Ideen nicht heiss und heftig diskutieren. Das ist uns oft ein Anlass zusammenzusitzen und dank Dir die Welt mit anderen Augen zu sehen.
Wir freuen uns auf weitere News im neuen Jahr.
Mit freundschaftlichen Grüssen
Trudy und Flex
Deine geistige Irrfahrt über die Berechtigung von Sommer, resp. Winterzeit ist durchaus nachvollziehbar. Ein ähnliches Suchen nach der Weisheit, erinnert mich an eine kürzliche Bierrunde im Kreise meiner Singfreunde, welche nach einer endlosen Diskussion über die Sommer oder Winterzeit eine für uns ungewohnte Disharmonie erzeugte. Von den 15 Anwesenden gab es 15 unterschiedliche Meinungen. Interessant waren die Begründungen, welche mir noch nach keiner anderen Diskussion die verschiedenen Charaktere der Beteiligten so schamlos und offenherzig offenbarte. Das begann bei den Gewohnheiten unter Kühen, welche den Bauer überforderten, bis zu beinahe vollzogenen Scheidung über unterschiedliche Ansichten der Gartenpflege und zur Störung von in klarem Rythmus abgezogenen Turnübungen im Schlafzimmer. Alles gestört durch die verfluchte Umstellung. Das Gute daran, nun kennen wir uns noch viel besser als früher, was für den Teamgeist nur förderlich sein kann. Nicht zuletzt auch für den Wirt, der noch selten eine solch tolle Stammrunde verbuchen konnte. Ich bin für die Beibehaltung, es fördert den Teamgeist und ich freue mich auf die nächste Umstellung.
Maik
Präsident Erdowan hat Mitte 2016 entschieden, dass die Türkei bei der Sommerzeit bleibt (https://www.nzz.ch/panorama/neues-gesetz-tuerkei-schafft-winterzeit-ab-ld.115671 ).
Ministerpräsident Binali Yildirim zur bisher jährlich erfolgten Zeitumstellung Ende Oktober: «Ab diesem Jahr wird es keine Sommer- und Winterzeit mehr geben. Das haben wir aufgehoben. Es wird keine Verwirrung mehr geben. Sowohl im Sommer als auch im Winter wird die Zeit gleich sein.»
Es gibt Leute die sagen, dass dies nur Ausräumung von Differenzen zur Zeit in Mekka, Saudi Arabien, diene. Jedoch hat sich das Wachstum des BIP in diesem Zeitraum deutlich verlangsamt (2015: 6.1%, 2016: 3.2%,Q32017: 1.2%) (Quelle: https://countryeconomy.com/gdp/turkey).
Das Gerücht, dass in Amerika jetzt UTT (Universal Trump Time) flächendeckend eingeführt werden solle, ist völlig aus der Luft gegriffen…