Black Friday wird in den Vereinigten Staaten der Freitag nach Thanksgiving genannt. Da Thanksgiving immer auf den vierten Donnerstag im November fällt, gilt der darauffolgende Black Friday als Start in ein traditionelles Familienwochenende und als Beginn der Weihnachtseinkaufsaison.
Der Black Friday ist eine Verkaufsveranstaltung des Einzelhandels, die Rabatte in den Fokus stellt und den Konsum anregen soll. Es geht hier um Schnäppchen.
Da die meisten US-Amerikaner diesen Tag als Brücke nutzen und erste Weihnachtseinkäufe tätigen, werden grosse Umsätze in den Geschäften gemacht. Viele Läden und Handelsketten öffnen schon in den frühen Morgenstunden – üblicherweise um fünf Uhr – und bieten Sonderangebote, Rabatte und Werbegeschenke an. Deshalb warten viele Menschen nachts in langen Schlangen vor den Geschäften, um Schnäppchen zu ergattern. Inzwischen blüht dieser Ablasshandel auch im Internet.
Vor acht bis zehn Jahren ist diese Welle der Verkaufsankurbelung über den Atlantik geschwappt und wurde von den europäischen Marketingstrategen mit offenen Armen empfangen. Obschon der Black Friday bei uns nichts mit dem Buss- und Bettag zu tun hat, blieb auch die Schweiz nicht von diesem Startsignal des Weihnachtsgeschäfts verschont. Beschleunigungen des Konsums, besonders wenn sie aus den USA kamen – damals war Amerika noch ein Vorbild, ein Vorreiter aller Aktionen, die die Volkswirtschaft betrafen – wurden auf dem Kontinent gerne übernommen. Als noch der Onlinehandel im Internet dazukam, kam es zu einer noch nie dagewesenen Einkaufseuphorie.
Und mich haben sie auch erwischt, diese Fallensteller von Onlinehändlern. Ich bin richtig in ihr Netz gestolpert. An diesen Leimruten der cleveren Marketingleute blieb ich kleben. Ich habe ein Schnäppchen geschnappt. Ich habe einen Staubsauger gekauft. Im Internet. Nicht dass ich wirklich einen neuen Staubsauger bräuchte. Nein, ich habe ja schon zwei. Der Neue ist kabellos, preisgünstig und sehr leistungsfähig, wie ich im Web-Portal lesen konnte.
Prompt brachte der Postbote am nächsten Montag ein Riesenpaket. Acht Kilo schwer. Ebenso gross war meine Neugierde. Sie trieb mich an, den Ballen sofort zu öffnen. Da lag er, mein neuer kabelloser Freund. In Einzellasten zerlegt. Den Packzettel, mit der ich die Vollständigkeit der Lieferung hätte kontrollieren können, war nirgends zu finden. Schulterzuckend, aber mutig, wagte ich mich an den Zusammenbau. Ein Kinderspiel. Nach sieben Minuten war der Apparat betriebsbereit. Und es funktionierte!
Eigentlich lese ich nie eine Bedienungsanleitung. Diesmal wurde ich von der Grösse dieses Buches aber derart beeindruckt, dass ich nicht umhinkonnte, mit der Lektüre zu beginnen. Eine dicke Broschüre, sie war nicht zu übersehen, die in den ersten dreissig Seiten in 17 verschiedenen Sprachen auf «Wichtige Sicherheitshinweise» aufmerksam machte. Schon gut, man darf ihn nicht als Hammer benutzen. Man darf ihn nicht an die Wasserleitung anschliessen. OK, ich werde ihn liebevoll als Staubsauger und nur als Staubsauger benutzen.
Genug der Theorie, ich brauche jetzt ein paar praktische Hinweise, wie das Gerät platzsparend an der Wand aufgehängt werden kann. Das geht nur mit der Ladestation. Sie befand sich auch als Zubehör im Paket. Weit und breit kein Hinweis in der Bedienungsanleitung, wie die Ladestation zu befestigen sei. Sie soll ja nicht nur den ordentlichen Wegstau des Saugers ermöglichen. Sie muss auch den Akku mit Strom versorgen. Es geht nicht nur um ein mechanisches Problem. Es kommt noch ein Elektrisches dazu! Irgendwo, ganz versteckt unter einem Packkarton fand ich ein Leporello in der Grösse einer Kreditkarte. Eines jener Faltbüchlein, welche in Form eines langen Papierstreifens ziehharmonikaartig zusammengelegt ist. Der Name geht auf Mozarts Opernfigur Leporello zurück, den Diener des Frauenhelden Don Juan, wo dieser in der Registerarie die Heldentaten seines Herrn besingt. Er hat da einen solchen langen Papierstreifen in der Hand.
Das besondere an meinem Leporello war, dass sich darauf keine Worte, sondern nur achtzehn technische Bildchen befanden. So lernte ich Schritt für Schritt, wie die Ladestation montiert werden sollte.
Es war eine gute Idee vom Lieferanten, nur Bilder, wie in einem Comic, ohne ein einziges Wort abzudrucken. So spart man, im Gegensatz zu den Sicherheitshinweisen, Übersetzungskosten. Im Nu hing die Vorrichtung an der Wand. Nur, wie kommt der Strom in die Maschine? Ein Kabel zur Steckdose war zwar vorhanden. Aber es gelang mir nicht, dieses so anzuschliessen, dass der Akku geladen wird.
Aus den Bildern wurde ich nicht so richtig klug. Also, Google fragen. Die Website des Staubsaugers fand ich recht schnell. Was ich vor mir hatte, war ein Wirrwarr von Bildern und Texten. Man wollte mir einen Sauger verkaufen. Mit meinem Problem jedoch kam ich nicht voran, bis ich in der rechten oberen Ecke die Möglichkeit für einen Chat entdeckte. Es meldete sich Tim. Sehr freundlich wollte er die Fabrikationsnummer meines Apparats wissen. Wo um Himmels Willen finde ich diese Nummer? Bis ich sie gefunden und zur Sicherheit auch notiert hatte, war Tim nicht mehr in der Leitung. Neuer Chat. Jetzt meldete sich Polly. Auch sie war sehr freundlich und dienstfertig und sendete mir ein Video, in dem ich lernte, wie die Station zu montieren sei. Wieder eine gute Idee. Das Video konnte ich abspielen so oft ich wollte. Jeder Handgriff war in der richtigen Reihenfolge gefilmt. Echt gute Instruktionen für Lehrlinge. Nur mir half es nicht weiter. Polly hatte mir ein falsches Video für ein älteres Modell geschickt. Das merkte ich nicht sofort. Erst als ich einen richtigen Menschen am Telefon hatte, irgendwo hatte ich die Telefonnummer gefunden, bestand Möglichkeit zu einem echten Dialog. Es gab ein längeres Hin-und-Her mit diesem deutschen Ingenieur. Er verzweifelte fast als ich ihm, inzwischen auch schon recht genervt, erklärte, dass mir das Video nicht weiterhalf. Um mich loszuwerden, empfahl er mir auf YouTube zu gehen und dort den Film über meinen Sauger anzuschauen. Am besten Sie laden ihn gleich herunter. Das nenne ich Kundendienst. Der Film war gut. Für Laien mit zwei linken Händen gemacht.
An die Arbeit! Die bereits im Besenkasten montierte Ladevorrichtung musste wieder ausgebaut werden. Das war nicht ganz einfach. Im Besenkasten ist es nicht nur eng, sondern auch stockdunkel. Mit einer Taschenlampe im Mund hatte ich wenigstens beide Hände frei. Sowohl die Demontage als auch die anschliessende Montage der Ladestation mit richtig eingelegtem Anschlusskabel gelang. Jetzt war der technische Teil vollbracht. Es fehlte nur noch die Bestellung der Garantiedokumentation.
Bis heute hielt ich mich bei der Durchführung von kleinen Handwerkerarbeiten im Haushalt für durchschnittlich geschickt, Ab heute weiss ich, dass, um im internationalen Geschäft als Heimarbeiter zu bestehen, ein völlig neues Know-how nötig ist.
In einem früheren Blog habe ich dies schon einmal festgehalten. Der Kunde ist bestimmt nicht mehr König!
Noch ein letzter Gedanke: Black Friday versprach mir einen Preisnachlass von 20%. Müsste ich meine Arbeitszeit, es waren mehr als vier Stunden brutto, nach dem SIA-Tarif abrechnen, die 20% hätten sicher nicht genügt.
Die Lehre für’s weitere Leben: «Hüte Dich vor Schnäppchen, besonders im Internet und ganz besonders an einem Freitag.»
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